Ende Dezember plante ich nach drei Jahren wieder einmal meine Familie für Weihnachten in Deutschland zu besuchen. Doch nach einigen Telefonaten mit meiner Familie in München und neuen Entwicklungen in Indonesien, das die Quarantäne von drei Tagen auf erst sieben dann wieder auf zehn Tage anhob, entschloss ich mich Indonesien zu erkunden und Deutschland und Europa auf etwas wärmere Monate zu vertrösten mit der Hoffnung, dass sich bis dahin wieder alles beruhigt hat und die Zahlen der Erkrankten gesunken sind.
Anstelle von Weihnachten in Deutschland ging es in ein kleines Dorf an der Westküste Javas: Batu Karas. Der kleine Ort ist den Surfern vor allem den Longboardern ein Begriff und fast alle Longboarder des Indonesischen Longboard Surf Teams sind dort aufgewachsen. Wenn man das Privileg hat den Surfern dort zuzusehen und beobachtet, wie sie auf ihren Surfboards tanzen, versteht man wieso.
The simple life – Selbst für die Leute von Jakarta (gleiche Insel, aber ca 8-10 Std Autofahrt entfernt) gilt Batu Karas als das Ende der Welt. Von Bali ist es ein Tagestrip, wenn alles gut geht. Umgeben von wunderschönen Reisfeldern, Palmenurwald und entlang des Green Canyon, einem tiefgrünen Fluss, fühlte ich mich als hätte ich eine Zeitreise zwanzig Jahre zurück gemacht. Meine Freundin Kristy und ich waren nach kurzer Zeit bekannt wie zwei bunte Hunde, da lokale Touristen von Bandung zwar jedes Wochenende zu Besuch kamen, aber zwei Blonde Mädels waren doch etwas Besonderes.
Bedenken, dass eine muslimische Gemeinde vielleicht nicht der beste Ort für zwei Frauen ohne Begleitung sein könnte, wurden gleich nach Ankunft über Board geworfen. Wir wurden herzlich empfangen und das Interesse an uns war ehrlich und nicht nur an Geld orientiert, wie es oft in Bali der Fall ist.
Schon nach wenigen Tagen fühlte ich mich pudelwohl und wie zu Hause. Hotspot war der Coffeeshop direkt an dem bekannten Pointbreak in Batu Karas. Jeden Morgen trafen sich dort die Surfer Gemeinde, um die Wellen zu checken und sich auszutauschen. Wir winkten und grüßten sämtliche Familien und Kinder bei unseren täglichen Morgenspaziergängen durch das Dorf und beobachten die Fischer, die von ihren früh morgendlichen Trips zurückkamen. Idyllisch ist das einzige Wort das mir zu dem Ort, den Einwohnern und dem Aufenthalt einfällt.
Es dauerte nicht lange bis wir angesprochen wurden, ob wir bei den wöchentlichen Englisch Klassen helfen könnten. Vanya eine junge engagierte Frau kümmert sich freiwillig um die englische Erziehung der Kinder in Batu Karas. Sie organisierte Lehrbücher und druckte diese für die Kinder. Vanya beschäftigt sich geduldig jede Woche mit 15 bis zu 50 Kindern, um englische Sätze und Konversation zu üben. Kristy, die aus Australien ist und ich waren dabei, um die Aussprache zu üben.
Die Nachricht von den zwei weißen Mädels, die dem wöchentlichen Englisch Unterricht helfen, verbreitete sich schnell und wir wurden von einer Nachbarschule angesprochen, die ihr jährliches Englisch-Camp in Batu Karas abhält. Nach einer Camp Woche wurden die 80 Schüler in Gruppen aufgeteilt und mussten ihre Fragen an Kristy und mir testen. Viele von den Schülern hatten nie Kontakt mit nicht- Indonesien und waren nervös, aber neugierig. Woher kommst? Was machst du in Batu Karas? Warum magst du Indonesien? Was ist dein Lieblingsessen?
Was mich allerdings am meisten erstaunte waren die Antworten der Kinder, wenn ich fragen zurückstellte. Vor allem auf die Frage was sind deine Hobbies? – So wurde fast einheitlich als Hobby „auf Tiktok scrollen‘ genannt und für den Rest der Kinder waren es Videospiele. Hier saßen wir an einem wunderschönen Strand mit unzähligen, möglichen Aktivitäten und keines der Kinder schien nur das geringste Interesse daran zu haben. Viele Familien teilen sich ihre Handys und das wird den Prozess etwas verlangsamen, aber dass die 10- bis 14-Jährigen keine anderen Hobbys aufzählen können ist erschreckend und die Vorhersagen der Phone Zombies, das schon vor Jahren in Karikaturen veralbert wurde ist selbst an abgelegen Orten realer als je zu vor.